Eine Leserin aus Magdeburg schrieb mir:
Ich glaube, auch bei denen, die – wie ich auch – der Meinung sind, ein Spottbild wie an der Wittenberger Stadtkirche, sollte bleiben (aber natürlich mit deutlicher Ablehnung und Verdammung), haben Gründe, die in die Tiefe gehen – weil nämlich nichts und auch nicht das Entfernen und Zuhängen oder ins Museum-Bringen die große Schuld wegwischen kann, die diese Bilder symbolisieren, und diese Schuld hat sich ja durch so viele Jahrhunderte (und bis heute auch noch) immer und immer wiederholt. Darum müssen wir sie doch vor Augen behalten, um nicht zu vergessen, um wieder und wieder erinnert zu werden, und unsere Reaktion darauf – Schuldbekenntnis, Absage an Geist und Inhalt dieser Bilder – muss in diesen Kontext gestellt und dort klar und öffentlich deutlich gemacht werden (und es muss ein Bekenntnis der Kirche sein, nicht eine Aussage in einem Museum).
Ich stimme zu. Für eine Entfernung des Schmähreliefs hatte ich übrigens gar nicht plädiert. In meiner Antwort nach Magdeburg versuchte ich, mein Anliegen zu verdeutlichen:
Ich meine vielmehr: So lange die christliche Gemeinde sich nicht selber und nicht ihren Herrn Jesus Christus verhöhnt und beleidigt sieht, stimmt etwas noch nicht. Und das wird nicht durch Texte und Erklärungen geändert, sondern nur durch einen Lern- und Umkehrprozess, der den Juden Jesus und den jüdischen Charakter der eigenen christlichen Identität erkennt und lebt und verwirklicht.
Und davon sind wir weit entfernt. Und weil und solange das so ist, wirken die Bildwerke weiterhin unheilvoll. Und nur solange ist zu erwägen, diese Wirkung durch Verhängen oder Abhängen zu unterbinden.
Nicht eine äußere Distanzierung und Umfirmierung in ein Mahnmal ist erforderlich, sondern eine Veränderung innen, im Glauben und Leben der einzelnen wie der Gemeinde. Die Gemeinde muss sich „umfirmieren“. Sie selbst muss zum Mahnmal werden.
Wie das praktisch gehen könnte?
Ich habe einen Vorschlag. In Bremen und Wittenberg und Magdeburg wird zu Beginn jeden Sonntagsgottesdienstes ein Bekenntnis der Gemeinde auf Grundlage von Schuld und Umkehr gesprochen. Nicht nur ein negatives Bekenntnis der Distanzierung von (eigener) Judenfeindschaft, sondern vor allem ein positives Bekenntnis zu Jesus dem Juden und zu den Jüdinnen und Juden als Geschwistern im Glauben. Das Bekenntnis könnte enden mit einer Selbstverpflichtung zu Lernen und Tun.